(August 2024)
Zwischen Himmel und Leiter,
dem Zug der Dohlen über die
blanken Blätter der Platanen
hinweg und den krummen Pollern
um den Springbrunnen herum
schleppen träge Wirbel die Langsamkeit
der Mittagsstunden in die Seitengassen.
Stillstand.
Die Alte Synagoge bleibt verschlossen.
Unmöglich die verlorene Ordnung
herzustellen. Letzter Aufenthalt
im Zwischenraum hier, nicht dort,
aber jetzt.
Wer hilft dem Nächsten in uns,
wer gibt die Schatten frei?
Was suchen wir in den Strömungskanälen,
die einmal Straßen waren,
welche Brotsorte in den geschlossenen
Bäckereien und
was sagen die Statuen mit Kind
und Faltenwürfen,
abgestellt in staubigen Nischen,
über unsere Köpfe hinweg.
Die Tauben paaren sich in allen Mauerlöchern
und spenden längst keinen Trost mehr,
denn sie und die Ölzweige werden am
Ende mit uns aus allen Wolken fallen.
Der feuchte Scheuerlappen im Kühlregal
des Supermarktes, der leere Schlafsack
in der Rue des Marins
und die alt gewordenen
Mütter Gottes in den Hauswinkeln,
auch Weihrauchschwaden
in den Ritzen der Kirchengestühls
gehen mich nichts an.
Nicht die Pforte für bekehrte Juden
an der Kathedrale Sankt Siffrein,
selbst der Schriftzug
liberté égalité fraternité,
verblichen im Sandstein,
gehen mich nichts an.
Denn mir ist das Einhorn eingefallen,
das Zuhause auf mich wartet,
scharrend mit den Hufen.
Ich erlaube mir den letzten Schritt
vom duftenden Thymian hinüber zum
gegenblättrigen Steinbrech.
Die scharlachroten Blüten des Granatapfelbaums
werden mich aus der Tiefe ins Steingeröll
eisiger Abgeschiedenheit heben, wo mich ein
kleiner behaarter Mohn erwartet.
Nicht möglich spricht der Himbeermund
im letzten Winkel meines Selbst, wo die
Moose auf ihre Zeit warten.
Die Dohlen von Carpentras
genügen sich selbst.
Manchmal höre ich das Echo
ihre Stimmen von der Brandmauer
gegenüber, unverständlich, eindeutig, hell.
Später fliegen wir alle bei guter
Gesinnung in den überleuchteten
Himmel, die Dohlen dahin, ich dorthin,
zu bestaunen den Gipfel des Berges und
den weit dahinfließenden Strom und die
Kreisbahnen der Gestirne, ohne acht
zu haben unserer selbst.
26.5. 2025, 14.00
Lesung und Gespräch mit Wolfgang Haak und Romina Nikolić
LiteraturEtage, Marktstraße 2 (OG), 99423 Weimar
Eine Veranstaltung des ☞ Forum Allmende e.V. vom Bodensee in Zusammenarbeit mit der Literarischen Gesellschaft Thüringen e.V.
1.7. 2025, 19.30
Lesung: Wolfgang Haak (Gedichte) & Jürgen K. Hultenreich (Prosa)
Literaturhaus Leipzig, Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig
23.10.2025
Eröffnungsrede zur
Ausstellung mit Werken von Martin Max
Weimar, Literaturetage
27.11.2025, 19.00
Literatur im Flur, Lesung
Kunsthandlung Hubert & Treff
Charlottenstrasse 19
07749 Jena